Café del Mar im Bemmelse Wardt!
Café del Mar im Bemmelse Wardt! Was mache ich eigentlich hier? Es ist mitten in der Woche, 21:00Uhr und das Thermometer zeigt zurzeit noch unglaubliche 33,5 Grad Celsius! Wo ein halbwegs normal denkender Mitteleuropäer nach Feierabend jetzt via Totenstarre und einem Kaltgetränk in der Hand, die Zeit in einem aufblasbaren Pool hinter seinem Haus verbringen würde, erkunde ich die mit schönste, aber auch zu meinem Leidwesen, die (wohl heute) Insekten intensivste Region bei Nijmegen. Meine Rede ist vom Bemmelse Waard.
Wo zur rechten sanft der Rhein (in NL Waal), neben dem Deich gebettet, ein Tuckern der Binnen-Frachtschiffe offeriert, so summt es um so lauter um meine Ohren. Der warme Asphalt, die üppige Natur mit Ihren saftigen Weiden und die vielen Flussähnlichen Seen sind für die kleinen Plagegeister zu dieser Jahreszeit ein wahrer Hochgenuss. Die Bemmelse Waard lässt sich in Optik und teilweiser Einsamkeit nicht lumpen. Erst Recht nicht um diese Uhrzeit!
Von Nijmegen fahre ich am sanierten Fort Lent vorbei und schon nach ein paar Kilometern befinde ich mich auf dem bekannten „Verteidigungsdeich“ Hier wird die Idylle durch eine alte Pumpenstation unterstrichen und der schnelle Sonnenuntergang im Rücken zaubert zudem das Umfeld in eine magische Aura.
Der „Verteidigungsdeich“ am nahegelegenen Steinwerk ist eine recht junge Fahrradroute in Richtung Nord-Ost und auf Ihr, zwischen 2 kleinen Seen, liegen die Reste zweier Panzerkasematten aus dem kalten Krieg. Aus der Vogelperspektive betrachtet waren die Kasematten ein besonders strategisch gewählter Punkt, den zwischen Nijmegen und Milligen krümmt sich der Rhein( NL Waal) wie ein Schutzwall zur deutschen Grenze, mehrmals wie der Rücken einer wandernden Raupe.
Und dazwischen: Viele kleine Gewässer die sich wie gigantische Pfützen ihre Daseinsberechtigung erobert haben. Die Stein/Klinker- Produktion hat in dieser Region eine lange Tradition, denn ursprünglich waren es die Ziegelfabriken, die den Abbau des Tons industrialisierten. Wo zuerst kleine Tongruben händisch gegraben wurden, half die Mechanisierung großflächige Quellen ausfindig zu machen. Als schönes Nebenprodukt erhielt man noch Sand und Kies währenddessen die Natur die breiten Aushebungen wieder mit Wasser füllten. Ein Kreislauf der die Region Bemmelse Waard bis heute wie keine zweite prägt!
Noch tiefere einprägende Eindrücke erhält man jedoch spätestens dann, wenn einem auf dem weiteren Waal-Polder zwei überdimensionale Pobacken begegnen. Diese Pobacken gehören zum Kunstwerk „Dijk van een Wijf„. Die “Dijkwijf” (Deichfrau) sitzt auf einem Hügel und ist, wie es sich für ein gutes Leuchtfeuer gehört, aus großer Entfernung vom Wasser und vom Land aus zu sehen. In wirklich jeder zweifelsfreien Hinsicht ist “Een Dijk van een Wijf” als reine Frau erkennbar. Auch wenn sie nicht singt und der Rhein (NL Waal) durch seine Krümmungen recht einfach vor Ort passierbar ist, ihr eigenwilliger Antlitz wird bestimmt so machen Schiffer aus dem Tagtraum holen.
Ich verlasse das „Raupen Rückental“ am Rhein (NL Waal) und fahre den Deich entlang in Richtung Gendt. Am Ortseingang von Gendt werde ich schon von einer tollen großen Gänsebronze begrüßt. Sie steht stellvertretend für die vielen tausende Gänse aus Sibirien, die all Jährig hier überwintern. Ein Spektakel, welches man sich im Herbst nicht entgehen lassen sollte!
Es wird immer dunkler, doch durch den tiefen Sonnenuntergang zeigt sich der Himmel, wie an dem berühmten Café del Mar in seinen schönsten Farben. Wo im Rücken die Dunkelheit wie zwei lange Arme, langsam die Schultern hoch tasten, blendet der Sonnenuntergang wie ein Himmelsbrand über die sagenhafte Polder Landschaft.
Anstelle einer Abkühlung, merke ich, dass mein Smartphone den jetzigen Lichtbedingungen zum Fotografieren nicht mehr gewachsen ist. (Zuvor war es auch sehr grenzwertig mit der Qualität. Vielleicht sollte ich mir mal einen richtigen Fotoapparat zulegen?) Auch ist mein vorderes Licht am Radel mehr schlecht als Recht, sodass ich mich die letzten 5 km wirklich spurte, um schnell wieder am Ausgangspunkt zu sein.
Fazit:
Die Bemmelse Waard ist mit Abstand eines der interessantesten Gegenden in der Region Nijmegen. Wer sich mit Ruhe und viel Zeit in der Gegend aufhält, wird bestimmt eine ganz besondere Landschaft für sich neu entdecken!