Verbrannte Heimat – Tagebau Garzweiler
Sind wir Deutschen eigendlich Verrückt geworden? Voller Leidenschaft zeigen sie uns schon heute ihre Nachhaltige und verrückten Energielösungen.
So oder so ähnlich lautet die Werbung des Energieriesen RWE. Dabei ziehen Junge und alte Menschen ein Mega großes Schild hoch. Darauf steht in Großbuchstaben UNSER LAND GEHT VORWEG. Nunja, heute verschlug es mich nach Grevenbroich. Genauer gesagt nach Garzweiler dem großen Braunkohleabbaugebiet. Als Kind wollte ich schon immer mal so einen Bagger live sehen, und natürlich auch jetzt noch als großes „Kind“.
Ich musste immer ein bisschen an Horst Schlemmer denken
Fröhlich zur Hinfahrt musste ich immer ein bisschen an Horst Schlemmer denken, und seinen Dornkaart, die Zähne und seine für mich lustige Aussprache. Da ich in Grevenbroich ein wenig Probleme hatte einen Parkplatz zu finden,) fragte ich freundlich an einer Tankstelle, ob ich das Fahrzeug einen halben Tag abstellen dürfte.
Die leicht irritierte Dame schaute mich an, schaute auf mein Auto, schaute mich wieder an und sagte in etwa: >> Neee wah, hörrens…mit „dem“ Fahrrad wollen´se da echt hoch, und in et Loch reingucken???<<
Wahnsinn dachte ich… das gibt’s gar nicht…das ist doch jetzt ein „Touriwitz“ mit der Aussprache…aber bevor ich antworten konnte sagte eine Stimme hinter mir: >>Maarlis, der junge Mann will hier Parken, und dann in et Loch luuren, dat wollen se doch alle hier<<
Boahr… das war krass…aber die Dame mit dem Kosenamen Maarlis sagte dann: >> Kein Problem!<< ,und ein Mann hinter mir sagte mit tiefer Stimme >> Geht doch, wa!<<
Ich bedankte mich, und jetzt war ich der, der irritiert war. Egal. Mein Auto wurde geparkt, und die Tour konnte losgehen. Radfahrwege gibt es dort so wirklich keine vernünftigen, und mein Fahrrad entwickelte sich mehr und mehr zur Bergziege. Berg auf, nochmal Berg auf, und dann wieder Berg ab, dann endlich der erste Blick in das „Loch“ wie Maarlis es zuvor prophezeit hatte.
Und ich wurde belohnt. Ein Wahnsinns Anblick dieses Garzweiler, und nun wurde mir schlagartig klar: JA MAN MUSS VERRÜCHT SEIN, SO EINE WÜSTE ZU HINTERLASSEN. Was auf der einen Seite imposant und so unglaublich groß wirkt, war oder ist auch die größte Vergewaltigung der Natur die ich je live gesehen habe. Ich war ganz schön Baff, aber auch angefixt von so viel „Loch“.
In meiner Euphorie nahm ich jeden noch so schlechten Weg in Kauf, und plötzlich: war die Strasse weg. Einfach weg. Eine neue Autobahn wurde dort gebaut, und ich konnte nicht weiter. Mit dem Bike auf der Schulter überquerte ich die noch von Baggern vorbereitete „Sandautobahn“ und kam kurze Zeit später in einem Geisterdorf mit dem Namen „ Borschemich“ an. Dieses Dorf wird bald dem Erdboden gleich gemacht, und man kann die echte Absurdität direkt sehen. Hinter den Häusern steht schon der Bagger zur werkeln. In Borschemich ist es fast so gruselig wie die Aussprache von Maarlis, und alle Häuser waren dort verbrettert. Betreten durfte man dort nichts und ich habe mich auch nicht so wirklich getraut.
Den Rückweg bin ich dann zurück über die Landstraße gefahren, da vor Ort in Borschemich die Tour auf Grund der Sperrung nicht mehr weiterging.Dennoch hatte ich einen schönen Nachmittag gehabt, konnte viel Panorama genießen, und war eigentlich auf Reif für einen riesen Kaffe, den ich mir in Grevnbroich endlich genehmigte. Wäre Garzweiler nicht da, dann gäbe es für mich keinen Grund ein zweites Mal (oder überhaupt ein einziges Mal) dort hinzufahren. Die Landschaft ist nicht so wirklich attraktiv, und die Städte/Dörfer wie Jüchen, Hackhausen und Wanlo für mich nicht sehenswert. Die Radwege sind leider sehr schlecht, und der Krach von Autobahn und Motorradfahren ist schon nicht ohne. Da lob ich mir doch meinen tiefen linken Niederrhein. Dort wird natürlich auch viel gebaggert, aber dafür entsteht an jeder Baggerstelle irgendwann ein toller See !
Fazit :
Einen spannende Tour, die viel zum Nachdenken anregt. Auch sind die Wege vor Ort nur zeitlich. Je nachdem wo gebaggert wird, verschwinden diese, und es entstehen neue.
P.S. Windenergie ist seit heute mein Lieblingswort 😉