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Gelderse Achterhoek … man man man!

Gelderse Achterhoek … man man man. Der Achterhoek ist eine Region in der niederländischen Provinz Gelderland. Entstanden aus den alten Grafschaften bildet der Achterhoek eine Region, dessen Grenzen im Detail bis heute nicht eindeutig nachvollziehbar sind. Dieses Phänomen ist damit zu erklären, dass es zu Zeiten der Grafschaften keine richtigen Grenzen gab.

 

 

Der Achterhoek (wörtlich übersetzt: Die hintere Ecke) beschreibt sich eigentlich von selbst. Hier existiert primär das echte Dorfleben, gespickt mit einer Fülle von Geschichten – und für den Radfahrer: Nach wie vor ein echter Geheimtipp! Möchte man die Region als Außenstehender ein wenig tiefer beschreiben, so stößt man binnen Sekunden an seine Grenzen! Denn NUR der „Achterhoeker“ vermag es, sich auf seiner besonderen Art – und dem Herz am richtigen Fleck – im feinsten Dialekt selbst vorzustellen:

 

 

Meine Tour beginnt übrigens in Ulft, im südlichen Teil des Achterhoeks. Ulft selber liegt in etwa 10 km von der deutschen Grenze in Emmerich am Rhein entfernt. Ich schwinge ich mich auf mein Radel und fahre durch ein sehr modern anmutendem Industriegebiet in Richtung Silvolde. Die kleinen Ortschaften, die mich heute begleiten gehören alle der Gemeinde „Oude IJsselstreek“ an. Die Landessprache ist natürlich Niederländisch, doch es dominiert der Dialekt: Nedersaksisch. Über eine kleine Brücke verlasse ich ULFT, überquere die „alte Issel“ und fahre direkt in die nächste kleine Stadt.

 

 

Die Stadt Silvolde zählt etwas über 5000 Einwohner. Silvolde ist eine recht pulsierende kleine Stadt. Das Vereinsleben wird dort geschätzt und weit über den Grenzen ist auch das größte Wiesenfest der Niederlande mit dem Namen DLK Party bekannt. Diesen Status erhält sich das Fest, da alle anderen Veranstaltungen in den Niederlanden rechtlich als „Festivals“ gekennzeichnet sind. DLK steht für „DAKLOZENPARTY“ (deutsch: Obdachlosenparty) Der Ursprung (einfach) erzählt: 5 Freunde feierten im Suff und nach kurzer Zeit war kein Platz mehr im Zelt, sodass sich die Party zwangsläufig nach außen verlagerte. Diese regionale Party aus dem Jahr 1988 wurde wiederholt und professionalisiert, und nach ein paar Jahren erhielt sie überregionalen Kult – Status, sodass die ursprüngliche Wiese aufgrund der steigenden Besucher durch eine andere Fläche ersetzt wurde.

Eine zweite Besonderheit aus Silvolde ist die Loc13 die auch den Namen Silvolde trägt. Ende des 18. Jahrhunderts begann für die Niederlande die Ära der Dampfbahn. Viele Kilometer Dampfbahn wurden gebaut und der Osten von Gelderland war keine Ausnahme.

 

 

Wo jedoch in den meisten Regionen die Wahl zwischen Meter- oder Standardspur getroffen wurde, entschied sich Ost- Gelderland für eine schmalere Spurweite, nämlich die 750-mm-Spurweite. Mit wenigen Ausnahmen wurde diese Strecke für alle Dampfstraßenbahnen in Ost-Gelderland genutzt. So eng die Strecke auch sein mag, in Deutschland wurde diese Spurweite häufiger für Straßenbahn- und lokale Gleise verwendet und erwies sich in vielen Fällen aufgrund des engen Bogenradius und des leichteren Aufbaus als die beste Wahl. Leider gerieten viele der Dampfstraßenbahnen in Ost-Gelderland in den 1920er Jahren in finanzielle Schwierigkeiten, weshalb auf Druck der Regierung alle Linien unter dem Namen Geldersche Tramweg Maatschappij zusammengeführt wurden, einem Unternehmen, das erst 1957 gegründet wurde. Die letzte Schmalspurstrecke wurde eingestellt und besteht noch viel länger als Busunternehmen.

Aus diesem Grund ist das niederländische Schmalspurbahnmuseum auch sehr stolz darauf, diese Lokomotive der Öffentlichkeit als Überbleibsel und Denkmal für die vielen Schmalspurbahnen vorstellen zu können, die einst das Ostgelderland durchquerten.

 

 

Verlässt man Silvolde so wird es schnell sehr, sehr ländlich. Hier beginnt das „echte“ Landleben und auch der junge Mais ist mit seinen knapp 70cm schon sehr weit vorgeschritten. Die separaten Straßen für die Radfahrer sind zum Teil recht sandig und stellenweise nicht betonüblich ausgebaut. Dieses macht aber kein „Trübsal“, denn schon nach ein paar 100 Metern ist man Eins mit der Natur und der Umgebung. Da wo keine separaten Wege verlaufen teilt man sich die Hauptstraßen mit den Autos. Bis nach WESTENDORP begleiten mich kleine Deiche und immer querende Flüsse. Die Landschaft ist sehr flach und sehr verkehrsarm.

 

 

Etwas über WESTENDORP erreiche ich auch den nördlichsten Punkt der Tour, es geht über Wiesen uns sandige Strecken in Richtung Schloss Slangeburg. Durch die lange Trockenheit sind die einen oder anderen Passagen am Waldrand in der Tat nur mit einem MTB oder Treckingbike zu bewältigen. Gerade in den Kurven oder auf etwas freieren Flächen ist der Sand auf der Fahrbahn so weich wie bei einer Düne. Schnell kann der ungeübte Radfahrer wegrutschen oder versinken, sodass ein Vorankommen nur zu Fuß weiter möglich ist. Die Felder hingegen werden jetzt im Mai schon extrem bewässert. Eine kleine kalte Dusche tut da schon ganz gut.

 

 

Schloss Slangenburg (niederländisch: Kasteel Slangenburg) ist ein Schloss in der Gemeinde Doetinchem. Das Schloss befindet sich im gleichnamigen Wald zwischen den Städten Varsseveld und Doetinchem, etwa 5 Kilometer von Doetinchem entfernt. Die Slangenburg wurde im Spätmittelalter erbaut. Im 17. Jahrhundert ging die Burg in den Besitz des Generals Frederik Johan van Baer, auch bekannt als General Slangenburg über, der sie zu Wohnzwecken umbaute. Die letzten privaten Besitzer waren eine deutsche Familie namens Passmann, die auf einem privaten Friedhof neben dem Burggraben begraben liegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle deutschen Besitztümer von der niederländischen Regierung beschlagnahmt, die auf diese Weise das Schloss erwarb, das mit dem umgebenden Gelände und den Gebäuden innerhalb des äußeren Burggrabens nun zum Portfolio des Rijksgebouwendienstes gehört, während die Umgebung in die Obhut der niederländischen Umweltbehörde, des Staatsbosbeheers, fällt.

 

 

Gegenwärtig wird das Schloss von dem nahe gelegenen Benediktinerkloster St. Willibrord’s Abbey (Sint-Willibrordabdij), einem Neubau aus den 1950er Jahren, der auf einem Teil des ehemaligen Schlosses liegt, als Gästehaus genutzt. Das Anwesen und die Klosterkapelle sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Das in etwa trapezförmige Anwesen weist ein jahrhundertealtes Gassensystem auf.

 

 

Zeit eine kleine Pause zu machen. Ich besorge mir einen großen Kaffee, und beobachte die unzähligen Radfahrer, die scheinbar gerade zeitgleich mit mir unterwegs sind. Nach einer Weile mache ich mich wieder auf dem Weg. Ich fahre durch schöne Alleestraßen, passiere die ein oder andere Unterführung, bis eine für Radfahrer gebaute Eisenbahnschranke mich zum Stoppen zwingt. Ich bestaune wie modern dieser Bahnübergang für Radfahrer gebaut ist. Interessant ist auch die Regel / Nutzung des Übergangs. Sollte der Zug vorübergefahren sein und die Schranken sind bereits wieder geöffnet, so ist es untersagt den Bahnübergang zu überqueren, da die Schranken sich blitzschnell für einen zweiten Zug wieder schließen könnten. Erst wenn das Signallicht komplett erloschen ist, ist das Überqueren der Schienen erlaubt.

 

 

Was mich besonders an der Region reizt sind die zum Teil verlassenen alten Höfe, oder gerade die Höfe die in einem fabelhaften Zustand restauriert sind. In Kombination mit den Wässerungen auf den Feldern und ihren kleinen Brücken, ergeben sich während der Fahrt immer neue Aussichten.

 

 

Kurz vor Abschluss der Tour begegne ich noch einem sogenannten offenen Naturfriedhof. Ein Naturfriedhof ist im Gegensatz zu anderen Friedhöfen ein Platz, an dem der Verstorbene wieder der Natur zurückgeführt werden soll. Krematorisch aufbereitet in einem Behältnis aus natürlichen Materialien kann ein Grabplatz nach freier Wahl erfolgen. Anstelle eines Steingrabdenkmals wird auf einem Naturfriedhof eine Holzscheibe auf das Grab gelegt. Es ist eine interessante aber für mich noch unbekannte Art der modernen Bestattung.

 

 

Auch wenn die Region sehr ländlich ist, ist eine gewisse Art der „Strenge“ allgegenwärtig. Damit meine ich die Tatsache, dass alles sehr akkurat gestaltet ist. Die Wege, egal ob Straße oder Wald sind fast frei von Wildwuchs und die Gärten gleichen einem Vorzeigebilderbuch. Trotz dieser „Strenge“ ist aber an mehreren Stellen auch der Eigenhumor deutlich zu sehen/ fühlen. Ein gutes Beispiel dafür ist eine merkwürdig anmutende Heckendekoration..

 

 

 

Fazit: 

Nach ca. 40 km erreiche ich wieder meinen Startpunkt. Wer das platte Hinterland mit einer sehr ruhigen Fahrradtour genießen möchte, wird in der Region Achterhoek bestens aufgehoben sein. Ein wunderschöner Fleck in der hinteren Ecke der Niederlanden.

 

 

 

 

Total distance: 39.25 km
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