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Und die Freiheit fiel vom Himmel…

Groesbeek – Und die Freiheit fiel vom Himmel. Eine Zeitreise mit dem Radel. Wer den linken Niederrhein erkundet, wird feststellen, dass kurz hinter der niederländischen Grenze bei Kleve, die Ereignisse aus dem 2. Weltkrieg nach wie vor feste kulturelle Bestandteile sind. Museen, Monumente, Geschichten und Tatsachenberichte sind in der Provinz Gelderland sehr omnipräsent. Sie zeigen nicht nur die schreckliche Kriegszeit auf, auch ehren sie die toten Soldaten oder Berichten über Zeitgeschehnisse die zur Befreiung der Deutschen beigetragen haben.

 

Mit dem Fahrrad starte ich von Donsbrüggen in Richtung Niederlanden. Die neue Fahrrad- Europaradbahn begleitet mich offiziell bis zum Grenzdorf Kranenburg. Ab dort führt mich ein Radweg parallel zum Draisinen-Gleisbett direkt nach Groesbeek. Kurz vor Groesbeek kommt mir eine Schafsherde entgegen. Sie zwingt mich zu einem amüsanten Zwischenstopp. Quirlig tapsen die Schafe über Gleis und Radweg. Der Schäfer pfeift nach seinen Hunden und es beginnt ein tolles Schauspiel wie Mensch und Hund die Herde kontrolliert vorantreibt.

 

 

Groesbeek und Umgebung war 1944 ein besonderer Schauplatz. Im September startete dort bis hin zur Provinz Noord – Brabant die größte jemals ausgeführte militärische Luft/Boden Operation im 2. Weltkrieg. „Operation Market Garden“ hieß der Deckname der Alliierten, ( Market = zu Luft und Garden= zu Land.) mit dem Ziel, den deutschen Westwall (ein über etwa 630 km verteiltes militärisches Verteidigungssystem entlang der Westgrenze des Deutschen Reiches) zu umgehen. Zig tausende alliierte Fallschirmjäger landeten in dieser Region. (Auch stellenweise über Deutschland entlang dem Grenzgebiet)  Sie sollten die noch intakte Brücke von Arnheim einnehmen, diese Stellung festigen, und u. a. auf schweres Panzergerät warten, damit der Krieg durch Einzug über den Niederrhein zum Ruhrgebiet* (*die damalige Waffenschmiede der Wehrmacht) schnell zum Ende kommt. Die Ländereeien rund um Groesbeek eigneten sich besondes gut für die Landungen.

Viele Äcker und Felder im leicht hügeligen Groesbeek dienen heute dem Weinanbau. Wenn man bedenkt, dass man vor 15 Minuten den flachen Niederrhein verlassen hat, so staunt es um so mehr, wie die alten Gletschermoränen aus der Eiszeit eine solche Landschaft gezaubert haben.

 

 

 

Ich fahre durch die Felder von Groesbeek in Richtung Klein Amerika. Neben den Traubenfeldern werden unter anderem auch Zwiebeln, Grassamen, Kartoffeln, Mais, Gerste und Weizen angebaut. Das Heu und Stroh wird teilweise manuell vom Land entfernt. Im Herbst ist die große Erntezeit für Zuckerrüben, Kartoffeln und Trauben.

 

 

Klein-Amerika ist ein Campingplatz, Weinberg und Bauernhof am Südhang in Groesbeek. Genau in diesen Feldern landeten aber nicht nur die alliierten Fallschirmspringer, sondern auch 100erte der Berühmten WACO Glieder, die für Truppen-, Waffen- und Materialnachschub sorgten. Heute steht in Mitten der Felder ein Metallnachbau der an dieser Zeit erinnern soll.

 

 

Ein WACO Glieder ist im Grunde ein Lastensegler. In der Luft wurde er von einem Schleppflugzeug gezogen. Kurz vor Erreichen des Zieles wurde der aus Sperrholz und Metall bestehende WACO Glieder abgeklinkt, sodass er bis zu seinem Zielort lautlos „Gleiten“ konnte. Oftmals waren die Landungen ein Wagnis und endeten nicht selten in ein Desaster. Besonders der WACO CG-4A war eine kleine Sensation. Er war billig in der Produktion und konnte in Massen produziert und nachgeliefert werden. Jeder Segler wurde von einem Piloten und einem Copiloten geflogen. Es konnten 13 Soldaten mit Ausrüstung oder ein Jeep oder eine 75-mm-Haubitze transportiert werden. Die Lastensegler wurden über ihr aufgeklapptes Bugteil beladen. Nach ihrer erfolgten Landung wurden die Flugzeuge sofort entladen und dann aufgegeben. Gebaut wurde der WACO CG-4A von der Waco Aircraft Company in Troy (Ohio). 

 

 

Die Waco Aircraft Company war seinerzeit sehr stolz auf sein Produkt und eine Werbeanzeige von diesem Unternehmen war in Sachen Patriotismus kaum zu überbieten:

 

An einem anderen Tag und in einem anderen Krieg gab es einen General, der glaubte, dass es die halbe Miete sei, den anderen zu überraschen. Er war der unsterbliche Stonewall Jackson. Seine grauen Legionen marschierten so schnell und so weit – so schnell und so unerwartet -, dass sie überall als “Jacksons Fußkavallerie„ bekannt waren. Heutzutage und in diesem Krieg ist Überraschung nicht weniger ein Faktor, aber heute ist es nicht die “Fußkavallerie„, die das Überraschende bewirkt… Es ist die Air-Bone-Infanterie. Machtvoll hinter den feindlichen Linien herabgleiten. WACO enwirft Segelflugzeuge mit Jeeps und Feldgeschützen. Diese denkenden Kämpfer schlagen so schnell und leise zu wie ein Blitzschlagmit all seinen tödlichen Blitzeffekten. So war es in Sizilien – erinnere Dich!…und so wird es höchstwahrscheinlich bald auf dem ganzen Weg nach Berlin und Rom und Tokio gehen. An diesem Tag sind wir bei WACO über den Ohren mit der Herstellung von Segelflugzeugen beschäftigt und das Gleiche gilt für die fünfzehn anderen weit verstreuten Produktionsstätten, die diese von WACO entworfenen Segelflugzeuge unter der Aufsicht von WACO konstruieren. Alle Transportgleiter der Armee sind von WACO entworfen.

(Quelle: WACO Aircraft Company)

 

Eine Flugszene (siehe Foto / Bildquelle mir unbekannt) macht deutlich, wie diese Gleiter in der Realität ausgesehen haben. In dem Video De WACO Glider van Groesbeek sind ein paar originale Filmschnipsel aus Klein Amerika zu sehen. Auch kann man in diesem Video den Metallnachbau der heutigen WACO auf Klein Amerika betrachten. Der Metallnachbau zeigt, wie wichtig den Bewohnern rund um Groesbeek diese Zeitgeschichte ist. 

Bildquelle: Mir unbekannt

 

Ich verlasse das Monument und begebe mich weiter in Richtung dem Naturschutzgebiet “De Hatertse en Overasseltse Vennen”. Das Hatertse- und Overasseltse-Vennen ist eine Fläche von etwa 520 Hektar in den Gemeinden Heumen und Wijchen in der Provinz Gelderland. Das Gebiet besteht aus rund zwanzig benannten Mooren und den umliegenden Flussdünen-, Heide- und Waldgebieten. Der Weg dorthin ist nicht immer perfekt doch als ich endlich ankomme, werde ich mit einer tollen blühenden Heidepracht begrüßt. Fast surreal wirkt das Gebiet auf Ihren Besuchern. Es ist sehr still, und die Landschaft einfach Einzigartig.

 

 

 

Wie eine liegende acht, komme ich nun auf den Rückweg. Ich durchquere mehrere kleine Waldpassagen und eine kleine Brücke. Die Pilze am Wegesrand zeigen, dass trotz der langen Sommerperiode die Bodenbeschaffenheit in Wald nähe, genug Feuchtigkeit zum Wachstum bietet. Besonders interessant ist eine kleine Waldautobahn extra für Fahrräder. Schnurrgeradeaus lässt sie mein Fahrradherz erhaben durch die Natur gleiten. Weit weg von Autos und zusätzlichem Straßenverkehr.

 

 

 

An einem Segelflugplatz mache ich eine kleine Pause. Ich beobachte wie die Flieger per Seilwinde in die Luft gehievt werden. Direkt am Hanger befindet sich heute auch ein gut besuchter nostalgischer Eiswagen. Wie gerufen denke ich und bestelle recht zügig eine große abkühlende Portion. Das Eis schmeckt toll, doch ein fader Beigeschmack bleibt, wenn ich an die Zeit und an diesem Ort in 1944 zurückdenke. Es geht uns heute gut, eigentlich viel zu Gut!

 

 

 

Bis zur Europaradbahn ist es nur noch ein Katzensprung. In einer Kurve kommt mir noch ein toller Oldimer entgegen. Mit einem lustigen Zeichentrickfilm Hupen-Geräusch winkt der Fahrer vergnügt aus dem Fenster. Ich winke zurück und lache mir insgeheim ins Fäustchen, dass der Fahrer sich auch an einem nur radelnden Gegenverkehr so erfreuen kann. Noch einmal ums Eck, und ich bin wieder auf dem Radweg in Richtung Kranenburg, der mich später über die Europaradbahn wieder zurück nach Hause bringt.

 

 

 

Fazit

Heute scheinen alle Parameter zu stimmen. Das Wetter ist Klasse, das Eis lecker und die Tour einfach wunderbar. Auch wenn die Region rund um Groesbeek heute wunderschön und friedlich ist, so bleibt es immer an der Zeit vergangenes nicht vergessen zu lassen.  Ich möchte die Tour gerne mit einem Zitat von Helmut Kohl beenden, das auch heute nicht passender sein könnte! :

 

>>Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten<<

 

 

Total distance: 59.53 km
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