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Royal Rheden Tour 2020

Royal Rheden Tour 2020. Zwischen der waldreichen Hügellandschaft der Veluwe und den unteren Auen von Rhein und IJssel liegt das einzigartige Naturschutzgebiet Veluwezoom. Der aus Arnheim stammende Schriftstellers Isaac Anne Nijhoff (1795-1863) inspirierte sich mit Blick auf seine Spaziergänge durch das Gebiet Arnheim über die große Zahl von Ländereien und Landgütern, die “weit ausgestreckt und wunderschön angelegt sind und alle anderen in diesem Reich bei weiten übertreffen”.

Ich starte meine Tour im westlichen Teil von Velp am Landgut Biljoen. Velp ist einer von sieben Ortschaften der Gemeinde Rheden in der Provinz Gelderland. Herrschaftliche Villen, alte Gebäude, ein lebhaftes Zentrum und die grüne Umgebung bestimmen die charakteristische Atmosphäre des Dorfes, das rund um die Kirche entstand.

Das Landgut Biljoen ist ein sehr altes Gut. Ab 1530 baute Karel van Egmond, Herzog von Gelre, hier eine Burg. Biljoen wurde seitdem regelmäßig renoviert. Direkt an der Burg gibt es viele alte Bäume. Biljoen ist ein typisches Beispiel für eine außergewöhnliche Gutslandschaft. Das Landgut Biljoen gilt als Übergangszone von der Veluwe zur IJssel. Das Schloss, so wie es heute zu sehen ist, nahm erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts seine heutige Gestalt an. Die barocken Glockenhelme an den Türmen wurden jedoch viel später nachträglich angebracht. Das Innere und die Landschaftsgestaltung haben sich im 18. Jahrhundert drastisch verändert. Der damalige Besitzer ließ sich von einer Reise nach Italien inspirieren. 1867 wurde das Gut an den deutschen Industriellen Johann Heinrich Wilhelm Lüps verkauft. Drei Generationen Lüps haben das Gut und die Burg sorgfältig gepflegt und die Anzahl der Umbauten nicht übertrieben. Biljoen kam 2008 in den Besitz von Het Geldersch Landschap. Seit 2013 ist das Schloss von einem Privatmieter bewohnt.

 

 

Ich fahre eine kurze Strecke durch Velp. Nach ca. 2 km erreiche ich „Das Grüne“. – Die Grenze zum Veluwezoom- Ich befinde mich jetzt auf dem Landgut Beekhuizen.  Sofort umhüllt mich am Fuße des “Keienberg” der Wald mit seiner herbstlichen Stimmung. Viele vernetzte kleine Wege mit stilvollen Brücken, bilden hier meinen Weg entlang der Beekhuizen Teiche. Große Baumpilze sind hier allgegenwärtig und der Geruch von Laub und Nässe hängt tief in der Nase.

 

 

Ehe man sich versieht, wechselt der gerade noch holprige Pfad im Wald wie aus Zauberhand in einem aus Betonplatten ausgelegten Fietspad. (NL: Radweg) Eben und erhaben rollt es sich nun durch den leicht hügeligen Forrest, bis ich nach einer Weile der Veluwezoom erreiche.

 

 

Der Veluwezoom-Nationalpark umfasst mehr als 5.000 Hektar und ist Teil der Veluwe, eines der größten, zusammenhängenden Naturschutzgebiete der Niederlande. Hier gibt es eine fast unberührte Natur mit Wäldern, Heiden, Sandverwehungen und atemberaubenden Radfahrwegen. Im Veluwezoom ist alles miteinander verbunden. Der Mistkäfer wirbelt eine Kugel aus der Losung (Jägersprache für Kot)eines Hirsches. Der Hirsch sucht Schutz unter den Bäumen und weidet auf der Heide. Auf der Heide leben Insekten und Reptilien, die Nahrung für die Vögel sind. In dieser unberührten Natur wird man zwangsläufig Zuschauer dieses faszinierenden Spektakels.

 

 

Charakteristisch für den Veluwezoom ist das Relief: Nirgendwo sonst in der Veluwe findet man so viele Hügel mit so vielen besonderen Sichtachsen. An der Posbank kann man zum Beispiel bei schönem Wetter bis nach Deutschland schauen. Eins der mir auffallendsten Merkmale ist das Sonnenlicht. Bricht es einmal durch die düsteren Wolken, so zeigt sich der Veluwezoom mit seinen endlosen Facetten in den unterschiedlichsten Farbvarianten.  Wo im Sommer in einem violetten Meer die Heide blüht, sind es gerade jetzt im Februar die Kiefern und die Sandmulden die auf sich aufmerksam machen können.

 

 

Die Bäume am Zoom sind schon sehr alt. Vielerorts sind sie gebrochen, tot oder liegen genickt in den Wäldern. Dieses ergibt einen neuen Lebenskreislauf für weitere Tierarten und Insekten. An einer Baumhöhle mitten im Nichts entdecke ich einen Specht. Ich halte an um ihn zu Fotografieren. Aber der Specht ist schlauer als ich. Jedesmal, wenn er in meinem Sichtfeld gerät, ändert er seine Positionen auf der gegenüberliegenden Seite vom Baum. Mal tänzelt er nach oben, mal nach unten. Direkt Zu Gesicht bekomme ich ihn jedenfalls nicht. Ich gebe auf und fotografiere seine augenscheinliche Behausung. Der Veluwezoom ist heute trotz Wind und Bewölkung gut besucht. Unzählige Wanderer zum Teil mit Hund laufen auf den kleinen Pfaden zwischen den Dünen. Auch die Kinder scheinen diese Natur zu mögen. Vielerorts bieten die Sanddünen einen nicht endenden Sandkasten. Wer seine Förmchen mitgebracht hat, ist bei den anderen Kindern nicht nur klar im Vorteil, sondern mehr der Held im Veluwefeld. Auch sind heute viele Radfahrer unterwegs. Die Mountainbiker düsen in Gruppen über die angelegten Trails am Rande des Waldes und die vielen Rennradfahrer bestreiten unter heftigster Gesichts – Mimik jeden noch so müßigen Anstieg. Hier und da gibt es auch die typischen Genussadler. Nebeneinander, freundlich und dauergrüßend fahren sie unbesorgt mit 10 km/h durch die Prärie mit dem Focus an einer nächsten Station gemütlich ein Copje Koffie verköstigen zu können.

 

 

Ap­ro­pos Station: Am Waldrand kurz vor Rheden erreiche ich das „Besucherzentrum Veluwezoom“.  >>Seit 1971 gibt das Besucherzentrum von Natuurmonumenten. Die Besucherzahl wuchs stetig und 2007 wurden die einst alten Gebäude um einen zeitgemäßen Flügel erweitert. Hinter dem markanten schwimmenden Vordach des neuen Eingangs verbindet eine lange Glashalle das Herzstück des neueren Komplexes – das alte Bauernhaus und den Stall.

 

 

Das besondere Interieur wurde von Kossman.dejong gestaltet. Es zeigt das Naturschutzgebiet mit seiner Weite, Erhabenheit, Flora und Fauna. Der Komplex beherbergt heute das Besucherzentrum, ein Restaurant, eine Touristeninformation, einen Fahrradverleih und ein Büro von Natuurmonumenten.<< (Quelle: Natuurmonumenten.nl)

Um das Besucherzentrum herum ist ein wunderschöner kleiner Kräutergarten angelegt. Im Februar ist noch nicht viel zu Sehen, doch die Vorbereitungen für das Jahr 2020 sind bereits im Gange.

 

 

Vom Beucherzentrum aus fahre ich in Richtung Norden zum „Dreh – und Angelpunkt“ des Veluwezooms. Dort befindet sich der „Pavilion Posbank“.  Wo gerade noch der Wald war, fahre ich durch eine sehr abwechslungsreiche untypische niederländische Landschaft. Entlang ein paar Feldern geht es Sauerland ähnlich auf eine Hauptverkehrsstraße – stetig Bergauf bis zum Pavilion. Genau jetzt bricht der Himmel auf und das Farbenspiel beginnt sofort zu wirken.

 

 

Oben am „Pavilion Posbank” hat man eine sensationelle Aussicht. Auch der Pavilion selbst besticht durch seine moderne Architektur.

>>Ziel war es, dieses Teehaus zu einem Modell für Energieeffizienz zu machen. Gleichzeitig  sollte er auch in seiner Umgebung transparent wirken. Der Pavillon liegt am Ende einer Reihe von Hügeln, die sich in der letzten Eiszeit gebildet haben, als die Erde mehr als 100 Meter über dem Meeresspiegel geschoben wurde. Vom Eingang aus steigt der Boden in einer durchgehenden Spirale, die sich über 14 Meter um eine Gruppe von Bäumen und Auslegern wickelt. Die Konstruktion, die diesen Ausleger ermöglicht, besteht für die Zugkräfte aus Stahl und aus unverarbeitetem massivem Eichenholz. Das Holz ist beständig gegen die Druckkräfte. Am entscheidenden Haltepunkt stützt eine große Moräne die Konstruktion<<Quelle: dearchitect.nl

 

Quelle: dearchitect.nl

 

Vor dem Pavilion gibt es eine wunderschöne Statue, die auch gleichzeitig mein Highlight des Tages ist. Es ist die (ehemalige) Königin der Niederlande- fahrend auf einem typischen Hollandfahrrad. Beatrix ist in Gestalt der Statue jedoch noch sehr jung. Es zeigt genaugenommen die damalige Prinzessin der Niederlande. Queen on the bike so der echte Name der Bronze, wurde von der Künstlerin Daphné du Barry hergestellt. Es wurde im Jahr 2000 auf dem Gelände der Posbank platziert, befindet sich jedoch im Besitz der Gemeinde.

 

 

Im Jahr 2011 sorgte die radfahrende Beatrix in den nationalen Medien um viel Trubel. Denn – sie wurde gestohlen! Die Nachricht auf einem Schild Ich bin nicht mehr mit dem Fahrrad unterwegs, bis nach den „Oliebollen“ (Ein typisches Gebäck zu Silvester) verriet zum Glück, dass es ein Silvester-Stunt (NL: Een oudejaarsstunt) war.

Zur Erklärung: Ein Silvester-Stunt soll die Aufmerksamkeit auf ein Dorf oder einen Verein lenken. Eine solche Aktion wird in den letzten Monaten eines Jahres ausgeführt, in der Regel durch Diebstahl eines bemerkenswerten Objekts. Um die Jahreswende kommt in der Regel dann mental „Die Auflösung“ und alles wird wieder in Ordnung gebracht. Der rechtmäßige Besitzer erhält seinen Gegenstand unbeschädigt zurück. Silvester – Stunt- Aktionen werden sehr oft von Junggesellen Vereinigungen und anderen, speziell eingerichteten Silvesterverbänden durchgeführt. Im Norden der Niederlande ist dieser Brauch sehr populär.

 

Durch die „Waldautobahn“ oder besser gesagt die „Waldfahrradbahn“ geht es mit einem zügigen Tempo weiter voran. Hin und wieder begegnet einem ein schottisches Hochlandrind, welches zwar gefährlich aussieht, aber relativ harmlos ist. Manchmal sogar mitten auf dem Fahrradweg.

 

 

Hier ist der Radfahrer gefordert, denn dem Rind denkt nicht mal im Traum daran Platz zu machen. Bekannt ist die Region auch durch ihre Schafhaltung und Züchtung. Schaut man in einer Schafskaue hinein, so kann man oft die Schafe bei der Fütterung sehen. Auch die Pferdezucht bzw. der Pferdesport ist in der Region nicht zu unterschätzen. Oft sind am Wochenende auf den Gestüten große Turniere, und auf den Feldern stehen kräftige Friesen.

 

 

Ob Friesenpferde zur Familie der Kaltblüter gehören, ist ein Thema, das bei Veranstaltungen und Expertenrunden in den Niederlanden gerne immer wieder auf den Tisch kommt. Pferdezüchter sind sich bei dieser Fragestellung nicht ganz einig. Einerseits wird das Friesenpferd von den meisten Haltern als Warmblüter angesehen, und andererseits besitzen Friesen klare Merkmale von Kaltblütern. Wieder andere Stimmen besagen, dass diese Einteilung ohnehin nicht mehr zeitgemäß ist. Trotzdem zählt der Friese gemeinhin eher zu den Warmblütern und ist (im Gegensatz zu den meisten Kaltblütern) ein elegantes Reitpferd.

 

Nach ca. 10 Kilometern verlasse ich den Veluwezoom und halte an einem Kirchenähnlichen Basilisk. Es ist das Prissnitzmonument in Laag-Soeren.

>>Jut van Breukelerwaard war ein Einwohner von Laag-Soeren, der Mitte des 19. Jahrhunderts an Rheuma litt. Er suchte seine Heilung in einem deutschen Kurort. Als sich herausstellte, dass die Kaltwasserbehandlung funktionierte, wollte er in Laag-Soeren auch ein Wasserheilungszentrum errichten. Dieses Zentrum könnte das Veluwe-Wasser für seine Behandlungen verwenden. 1849 kaufte er das Laag-Soeren-Haus mit Grundstücken, auf denen Bethesda das Heilbad errichten ließ. Das Wasser wurde aus dem Soeren Sprengen bezogen. Zu Ehren der vier Hydrotherapeuten Priessnitz, Oertel, Flusse und Rausse, deren Methoden in Laag-Soeren angewendet wurden, errichtete Jut Van Breukelerwaard um 1860 das Priesnitz-Denkmal, etwa 350 Meter vom Laag-Soeren-Haus entfernt<< Quelle Wikipedia

 

 

Ab hier ändert sich Landschaft rapide. Vom Wald ist hier weit und breit nichts mehr zu sehen. In Spankeren treffe ich auf die Ijssel. Diese ist im Moment vom Hochwasser getroffen. Es bietet sich nicht nur für mich eine interessante Aussicht. Der Hochwassertourismus ist voll im Gange und etliche Terabytes an Selfies werden zur aktuellen Stunde bereits durch viele neugierige Passanten durch den WhatsApp Äther geschossen. Die Auto- Fähren sind eingestellt und ich fahre durch die kleine Altstadt in Dieren entlang der Ijssel weiter in Richtung Ellecom.

 

 

Ellecom ist ein kleinen aber feines Wein Anbaugebiet. Die Ijssel machte schon die Römer darauf aufmerksam, wie fruchtbar ihre Böden sind. Hanglage oder Schiefer gibts hier nicht, vielmehr wird der Wein auf Feldern angebaut. Die fruchtbaren Felder locken zum Herbst aber auch zig tausende Bläss- und Saatgänse. Sie ziehen in riesigen Schwärmen aus sibirischen Gefilden zum Überwintern in die Auenlandschaften. Ein (wunderschöner) Lärm, wie ich ihn aus der Region Düffelt, meine Heimatgegend, am Niederrhein nur zu gut kenne.

 

 

In de Steeg treffe ich auf ein weiteres Schloss.

>> SchlossMiddachten ist ein Kulturgut mit außergewöhnlichem Charakter für die Niederlande. Die Einzigartigkeit wird durch die Größe, die Authentizität und die Kohärenz zwischen den verschiedenen Komponenten gebildet. Dieser Zusammenhalt ist im Laufe der Jahre organisch gewachsen. Die Verantwortung für den Nachlass liegt seit mehr als 800 Jahren bei der Nachfolge (innerhalb der Familienbande) aufeinanderfolgender Geschlechter. Schloss und Gut Middachten hat daher eine reiche und lange Geschichte. Schloss und Anwesen befinden sich noch immer in Privatbesitz. Middachten ist ein in Betrieb befindliches Landgut: Landwirtschaft wird betrieben, in Haus und Garten wird gearbeitet, es gibt eine Tischlerei und Holz wird geerntet und gejagt. Das Weingut wird jetzt in der 25. Generation geführt.<< Quelle: www.middachten.nl

 

 

Die Ijssel bleibt von nun an meine Begleitung bis hin zurück nach Velp. Überall hat das leichte Hochwasser sich den Platz bereits genommen. Auch die ein oder andere Passage vom Radweg sind nun nicht mehr zu befahren. Improvisieren hat aber zum Glück noch niemand geschadet.

 

 

Zu guter Letzt erreiche ich noch eine alte Ziegelei, die jedoch ausser Betrieb und stark baufällig ist. Der Rad- und Wanderweg führt direkt neben der Autobahn an ihr vorbei. Auch an der alten Ziegelei gilt die Region als Naturschutzgebiet. Ich verlasse die kleinen vom Hochwasser aufgestauten Seen und passiere ein kleines Pumphaus, ehe ich nach ca. 1 Kilometer wieder am Startpunkt bin.

 

 

 

Fazit

Was für eine Royale Tour durch die Region Rheden. Soviel Input, Landschaft-wechsel und Eindrücke möchte erst einmal verarbeitet werden. Damit diese Tour ein besonderes Erlebnis wird, empfehle ich daraus eine Tagestour zu machen. Für mich einer der schönsten Touren in Gelderland und das im Februar!

 

 

Total distance: 52.48 km
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